ZoomDa ist er also. Groß angekündigt und von den Entwicklern gepriesen; der neue Karrieremodus von F1 2016. Nachdem ich mich in diesen gestürzt habe, war schnell klar, dass es da viel zu berichten gibt. Daher beschäftigt sich dieser Artikel ausschließlich mit der Karriere. Den umfangreichen Test zu F1 2016 findet ihr hier. Über satte 10 Saisons hinweg kann man im aktuellen F1-Game zum besten Fahrer aller Zeiten aufsteigen. "Gehe deinen Weg und werde zur Legende" ,steht da. Nichts lieber als das. Los geht's.
Zuerst darf ich mir aus 24 Köpfen einen eigenen Avatar heraus picken. Ein eigenes individuelles Gesicht kann man aber leider nicht formen, schade. Zudem gibt es nur männliche Charaktere. Das finde ich als Mann zwar nicht besonders schlimm, aber gerade bei der Formel 1, die hierzulande noch die meisten weiblichen Motorsport-Fans hervorbringt, wäre es eine schöne Sache, wenn man auch als Rennfahrerin an dem ganzen Zirkus teilnehmen könnte. Es folgt die Helmlackierung. Auch hier darf ich nicht selbst zum Pinsel greifen, sondern habe eine zwar durchaus umfangreiche Auswahl, die aber an Kreativität arg zu wünschen übrig lässt.
Die Teamauswahl - Was darf's denn sein?
Weiter geht es mit Nationalität, Name sowie Namenskürzel und dann der wichtigsten Entscheidung, nämlich der Wahl des Teams. Alle aktuellen Teams der laufenden Saison stehen zur Auswahl. Diese sind dabei in drei Gruppen unterteilt. Die obere enthält starke Teams, die Bestleistungen sehen wollen. In der mittleren Kategorie sind die Vorgaben eher konservativ und die unterste Gruppe enthält die, mit Verlaub, lahmen Gurken. Dort liegt der Fokus auf langfristigen Erfolgen. Kurzum, wer von Anfang an gewinnen will greift zur oberen Gruppe, wer eine angenehme Herausforderung sucht, aber nicht dem Feld hinterherfahren will, entscheidet sich für die Mitte und diejenigen mit Durchhaltevermögen und der Fähigkeit Niederlagen einstecken zu können nehmen ein Team der unteren Gruppe. Das verspricht einen recht hohen Wiederspielwert.
Um mir ein vernünftiges Bild der Lage machen zu können, entscheide ich mich für McLaren-Honda, die zur mittleren Gruppe gehören. Daraufhin soll ich festlegen, wer mein Teampartner werden soll. Button oder Alonso. Ich wähle den lässigen Briten als Partner und werfe den Spanier gezwungenermaßen aus dem Team.
Emma sagt wo's langgeht
Zoom Kurz darauf öffnen sich meine virtuellen Augen und ich befinde mich in der Lounge des Team-Hauptquartiers. Vor mir ein Tisch, auf dem ein Laptop und ein Smartphone liegen. Eine Blondine im schwarzen Business-Dress und Klemmbrett in der Hand kommt auf mich zu. Emma heißt die Dame und stellt sich als meine Agentin vor, die mich über Abläufe im Team und die Ziele für die Rennwochenenden auf dem Laufenden halten wird. Hallo? Codemasters? Warum muss derart tief in die Klischeekiste gegriffen werden? Die Tatsache, dass die deutsche Synchronstimme mit der Mundbewegung ironischerweise auch noch komplett asynchron ist, lässt die Situation regelrecht absurd erscheinen. Zu allem Überfluss schlendert meine Agentin dann auch noch mit leicht wackelndem Hintern davon. Ob da wohl der gute Bernie Ecclestone seine Hände im Spiel hatte?
Naja, was soll‘s, ich bin ja zum Fahren hier. Ich öffne den Laptop und kann mir ein paar Übersichten und meinen aktuellen Rivalen sowie diverse Statistiken anschauen. Logischerweise steht da aber noch nichts. Auch einen Überblick zu den Forschungs- und Entwicklungsprojekten kann ich mir machen. Diese sind ganz klassisch in die Kategorien Motorleistung, Spritverbrauch, Aerodynamik, Gewicht und Luftwiderstand unterteilt. Da mein Punktekonto leer ist, kann ich aber natürlich noch nicht mit der Entwicklung beginnen. Also auf ins erste Training.
Wenn's mal etwas länger dauert
Schön ist, dass ich vor jedem Rennwochenende nach Herzenslust die Ausgangssituation einstellen kann. Das betrifft vor allem die Länge der ganzen Veranstaltung, aber auch die Tageszeit und Wetterbedingungen. Auftakt ist selbstverständlich Melbourne und als alter Simulations-Junkie nehme ich natürlich die volle Packung mit drei Trainingsläufen, allen drei Qualifyings, der kompletten Renndauer von 57 Runden sowie die offiziellen Startzeiten und dynamisches Wetter. Auch die Einführungsrunde gilt es manuell zu fahren, ein Novum in der F1-Reihe. Die Fahrhilfen, die ich alle deaktiviert habe, könnte ich jederzeit wieder anpassen. Will ich aber nicht.
Zoom Endlich sitze ich im Auto und da schau her: Codemasters hat es tatsächlich geschafft, die Trainingssessions sinnvoll einzubinden. Es gilt, drei Programme zu Streckenakklimatisierung, Reifenmanagement und Qualifying-Speed, zu absolvieren. Für deren erfolgreichen Abschluss erhält man die bereits erwähnten wichtigen Forschungs- und Entwicklungspunkte. In welchem der drei Trainingsläufe man diese absolviert ist freigestellt. Erledigen sollte man sie allerdings unbedingt, da die Jagd nach dem besten Ergebnis als Nebeneffekt die eigene Linie tatsächlich verbessert. Obendrauf kommen noch fünf variierende Teamziele, wie zum Beispiel eine schnellste Sektorzeit zu erreichen oder das DRS in einer Runde perfekt zu nutzen. Dank der gewonnenen Punkte kann ich nun auch schon das erste Upgrade in Auftrag geben. Da ich gerne stabil liegende Wagen fahre, wähle ich das Aerodynamikpaket, welches aber erst zum nächsten Rennen fertig entwickelt sein wird.
Im Gegensatz zum abwechslungsreichen Training gilt es im Qualifying natürlich schlichtweg die beste Rundenzeit zu setzen wobei der dritte Lauf bekanntlich der wirklich entscheidende ist. Am Ende lande ich mangels Eingewöhnung zwar nur auf Startplatz fünf, bin damit aber vor meinem Teamkollegen und immerhin verspricht das einen spannenden Start.
Rennstart mit Tücken
Vor dem Wechsel in die Rennsession ruft Emma an und nennt mir die Ziele für das Rennen. Werde mindestens 13. und lass Jenson Button hinter dir. Vielleicht war der Schwierigkeitsgrad "Mittel" doch nicht die beste Idee, denn offenbar bin ich viel zu stark. Bevor es richtig losgeht kommt aber noch die Einführungsrunde die ich selbst steuern kann, um Reifen und Bremsen auf Temperatur zu bringen. Als die Ampeln ausgehen mache ich mir die Sache gleich mal schwieriger als geplant. Da ich noch kein Gefühl für die optimale Drehzahl habe, falle ich prompt auf Platz 10 zurück, zumal die K.I. äußerst zackig startet. In der ersten Kurve bin ich auf der äußeren Linie, die Gegnerfahrzeuge lassen mir aber Luft zum Überleben und im Getümmel jage ich das erste Vollgasstück hinunter.
Nun heißt es, sich die verlorenen Plätze zurückzuholen, was trotz DRS in Melbourne gar nicht so einfach ist und mich viel Zeit kostet. Im Verlauf des Rennens bekomme ich immer wieder Meldung, wenn ein Fahrer in Problemen steckt oder ausgefallen ist. Die Sprachsteuerung mit der Boxencrew, die auch schon im Vorgänger enthalten war, funktioniert einwandfrei. Es wird sehr schnell regelrecht zur Selbstverständlichkeit, via Headset den virtuellen Renningenieur zu fragen, wie schnell denn der Fahrer hinter mir momentan fährt oder wie es um mein Auto bestellt ist.
Erster Erfolg
Zoom Trotz vorsichtiger Einfahrt in die Boxengasse und damit etwas längeren Pitstops komme ich am Ende auf Platz zwei hinter Hamilton ins Ziel. Der konnte von Beginn an einsam und alleine davonfahren, nachdem Rosberg wegen eines technischen Problems früh ausgeschieden war. Die Kamera zeigt kurz mein Team vom Kommandostand, wo ein virtueller Éric Boullier, Teamchef von McLaren-Honda, den Podiumsplatz feiert. Alles in allem ein schönes Rennen mit spaßigen Zweikämpfen, was Lust auf mehr macht. Nur lässt sich das Replay, und das ist man leider von Codemasters mittlerweile gewohnt, nicht speichern, was bei den spannenden Zweikämpfen trauriger denn je ist.
Die anschließende Bewertung des Erfolges, immerhin habe ich das Rennen 11 Plätze über dem Minimalziel beendet, hält sich merkwürdig in Grenzen. Nach der obligatorischen Siegerehrung, bei der Heiko Wasser und der nach wie vor unbekannte Stefan Römer ein paar standardisierte Sätze von sich geben, reagiert Emma nach der Rückkehr ins Hauptquartier überhaupt nicht darauf. Stattdessen kommt zunächst Chris, mein Ingenieur, auf mich zu und erklärt mir, dass das Aerodynamik-Upgrade fertig ist. Auch ihn scheint das, trotz unterlegenem Auto, soeben erreichte Podium überhaupt nicht zu interessieren. Das dämpft das Erfolgserlebnis spürbar. Dafür ist Button jetzt mein "Rivale", gegen den ich mich mit besseren Leistungen durchsetzen muss. Wer als Erstes im weiteren Verlauf 30 Punkte erreicht, hat die Rivalität gewonnen. Ein zusätzlicher Aspekt der die Karriere verdichtet.
Zoom Nachdem ich noch zwei weitere Rennwochenenden mit höherem Schwierigkeitsgrad absolviert habe, steht für mich fest, dass Codemasters nicht zu viel versprochen und einen richtig guten und durchdachten Karrieremodus für F1 2016 geschaffen hat. Ganz perfekt ist dieser allerdings (noch) nicht. Die Präsentation ist zwar gut, wirkt aber bisweilen etwas lieblos und steril wodurch die Sogwirkung des Rennzirkus ein wenig gedämpft wird. Die ewig gleichen Kommentare vor und nach den Sessions von Wasser und Römer überspringt man spätestens nach dem zweiten Rennwochenende, auch wenn Details wie die Reaktion auf Wetterveränderungen zumindest eine gewisse Authentizität zu vermitteln versuchen. Für einen F1-Lizenztitel gehören sie letzten Endes auch obligatorisch dazu.
10 Saisons? Na dann bis nächstes Ostern.
Abgesehen davon weiß F1 2016 jedoch mit Rivalität, Forschungspunkten, bestimmten Zielsetzungen und natürlich der aufwändigen Meisterschaft selbst dauerhaft zu motivieren. Ob ich allerdings weiterhin bei der vollen Länge der Rennwochenenden bleiben werde weiß ich noch nicht, denn auf 10 Saisons gerechnet käme man mit diesen Einstellungen auf eine Spieldauer von rund 600 Stunden, bis man die Karriere abgeschlossen hat. Unglaublich. Leider lässt sich immer nur eine Karriere gleichzeitig bestreiten. Will man also irgendwann nebenbei ein anderes Team ausprobieren, muss man umständlich ein komplett neues Profil anlegen.
Mit einem schwächeren Team zu starten bedeutet übrigens nicht, dass das Auto einfach nur langsamer fährt. Auch die Aerodynamik ist spürbar schlechter. So ist zum Beispiel der langsame Sauber schwieriger zu fahren als der flotte Ferrari, da er viel stärker zum Übersteuern neigt. Die Entscheidung sollte also vor allem für unerfahrenere Spieler wohl überlegt sein.
Zoom Wer dagegen von Anfang an die volle Härte will, wählt die zusätzlich verfügbare "Profikarriere". Alle Fahrhilfen und sämtliche Erleichterungen, wie zum Beispiel die direkte Verfrachtung von der Strecke in die Box, sind deaktiviert, und zwar unveränderlich. Rennlänge und Vorgaben sind auf dem Maximum, ebenso wie die Gegner, deren Schwierigkeitsgrad auf "Ultimativ" steht. Die virtuellen Fahrer sind auf diesem Level nahezu absurd schnell. Während ich auf "Experte" noch recht problemlos mithalten konnte, hänge ich hier um mindestens drei Sekunden zurück, was mir gehöriges Kopfzerbrechen bereitet. Dieser Modus ist etwas für absolute Profis oder die, die es werden wollen und bereit sind jede Menge Zeit dafür zu opfern, um sich mit viel Trainings- und Setup-Arbeit auseinanderzusetzen.
+ 01.09.2016 SG
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