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Spieletest: GTR - "Get Real"

19.11.2004

Für alle Rennsim-Experten stand bereits seit langer Zeit fest, dass GTR die Königsklasse des Genres bereichern würde. In unserem Spieletest haben wir herausgefunden, wo genau die einzelnen Stärken und Schwächen von GTR liegen und ob die Simulation auch für Gelegenheitsspieler geeignet ist.

Dass in GTR eine Menge Aufwand und Liebe zum Detail geflossen ist, ist nicht weiter verwunderlich, wenn man die Geschichte des Entwicklerteams kennt. Bekannt wurde das SimBin Development Team durch seine GT Racing Mods für EAs F1-Serie. Dabei setzten die Macher mit GT Racing 2002 ihrem Schaffen die Krone auf. Nach dem enormen Erfolg des Mods beschloss man, einen neuen, riskanten Weg einzuschlagen: Aus dem Entwicklerteam für kostenlose Addons sollte ein professionelles Software-Unternehmen werden, dessen qualitativ hochwertige Produkte auch einen kommerziellen Erfolg garantieren. Und so wurde die in Schweden ansässige SBDT AB gegründet, die von Beginn an auf einer Partnerschaft mit dem GT-Rennteam Henrik Roos Motorsports aufbaute. Das Anfang Oktober 2003 angekündigte komplett eigene Rennsimulations-Projekt war somit keine große Überraschung: Mit GTR liefert SimBin das offizielle Computerspiel zur FIA GT-Serie.

Qualität und Quantität

Spieletest: GTR - "Get Real"Spieletest: GTR - "Get Real"  Zoom Eine langfristige, exklusive Lizenz ermöglichte es dabei dem Entwicklerstudio, mehr als 50 GT- und NGT-Rennwagen originalgetreu nachzubilden. Unter anderem kann man sich hinter das Steuer von Ferrari 550 Maranello, Vipder GTS-R, Porsche 911 oder BMW Z3 M klemmen, wobei Letztgenannter zu den Bonus-Fahrzeugen gehört, die dank der Umsetzung des 24h-Rennens von Spa-Francorchamps integriert wurden. Dank Lizenzierung konnten auch alle 10 Rennstrecken der FIA GT-Meisterschaft originalgetreu nachkonstruiert werden, wobei GPS- und CAD-Daten der Garant für eine akkurate Streckenführung waren. Zudem ließen es sich die Designer nicht nehmen, direkt vor Ort an den Rennstrecken unzählige Fotos, Daten sowie Video-Material zu sammeln.

Das überaus ansprechend und übersichtlich gestaltete Menüsystem verschafft dem Spieler Zugang zur Vielzahl an Spielmodi und Einstellungsmöglichkeiten. In den Bereichen Grafik, Steuerung und Realitätsgrad beispielsweise lässt sich GTR komplett und nahezu uneingeschränkt auf die Bedürfnisse des Spielers einstellen. Vereinfacht wird dies sogar noch durch die grundlegende Wahl zwischen den drei Modi Arcade, Semi-Pro und Simulation, auf die in diesem Test noch genauer eingegangen wird. Über den aktuellen Spielstatus fühlt man sich in GTR dank Beobachtungsbildschirm, diversen Rang-Anzeigen und Boxenfunk stets bestens informiert. Mit neuen Rennstrecken macht den Spieler eine Beschreibung jeder einzelnen Kurve mit Sprachausgabe vertraut, während der Car-Showroom beeindruckende Render-Modelle und umfangreiche technische Daten zu jedem FIA GT-Boliden liefert.

Detailreichtum und Top-Akustik

Spieletest: GTR - "Get Real"Spieletest: GTR - "Get Real"  Zoom Der erste optische Eindruck von GTR kann als sehr gut bewertet werden. Dass die Spiel- und Grafik-Engine von Image Space Inc. stammt bleibt aufgrund ihrer Ähnlichkeit zu EAs F1-Titeln nicht verborgen, auch wenn in fast allen Bereichen Verbesserungen erzielt werden konnten. Die Optik von GTR überzeugt vor allem in den Bereichen Detailreichtum und Performance. Die Qualität der hochauflösenden Streckentexturen wird lediglich noch von den faszinierend exakt nachgebildeten Rennboliden übertroffen.

Optische Features wie dynamische Streckenposten, sich im Wind bewegende Bäume oder Feuer in einem Unfallwrack hat das Spiel ebenfalls zu bieten. In diesem Zusammenhang sollte aber betont werden, dass die Grafik in GTR nicht durch Effekt-Highlights, sondern durch Authentizität und Schnelligkeit begeistert. Kritikpunkte stellen die fehlenden Boxencrews sowie das schwache Replay-System dar, welches sich nicht zufällig auf dem Niveau von F1 Challenge 99-02 befindet.

Eine noch eindringlichere Wirkung als die Grafik wirkt bei der ersten virtuellen Fahrt in einem GT-Fahrzeug wohl der Sound auf jeden Spieler aus. Die spektakuläre Umsetzung der Motorengeräusche sind ein akustischer Genuss, der nicht von Ungefähr kommt: Um eine originalgetreue Geräuschkulisse zu gewährleisten, haben die Entwickler bei den FIA GT-Events in der Boxengasse bei einem Team nach dem anderen den Motorenlärm aufgezeichnet, um auf dieser Basis schließlich den gesamten Drehzahlbereich der Autos zu simulieren.

"Get Real"

Spieletest: GTR - "Get Real"Spieletest: GTR - "Get Real"  Zoom "Get Real" - so lautet der offizielle Slogan von GTR. Und dieser ist ebenso aussagekräftig wie zutreffend, denn anders als in der Rennspiele-Welt derzeit üblich werfen die Entwickler von SimBin nicht mit Realismus-Versprechen um sich, die sie am Ende nicht halten können. Im vorliegenden Produkt genießt die wirklichkeitsgetreue Umsetzung der FIA GT-Serie oberste Priorität. Unter anderem wurde dies bereits in der Entwicklungsphase dadurch deutlich, dass die Macher mit den Telemetrie-Daten der einzelnen Rennteams gearbeitet haben.

Das Ergebnis ist letztendlich ein faszinierendes Fahrgefühl, welches im Grenzbereich logischerweise sehr anspruchsvoll ist, zugleich jedoch immer nachvollziehbar auf den Spieler wirkt. Die unglaubliche Dynamik, welche die Physik-Engine bei der Fahrt mit den bis zu 600 PS starken GT-Rennern vermittelt, ist außerdem der spektakulären Simulation von Fliehkräften und Bodenwellen zu verdanken. Dass in GTR die von Rennsimulations-Profis geschätzten Features wie komplexes Setup, optimale Unterstützung von Force Feedback-Lenkrädern, Benzinverbrauch, Reifenverschleiß und ein ausgereiftes Schadensmodell in vollem Umfang verfügbar sind, ist angesichts der Ambitionen von SimBin ja beinahe schon eine Selbstverständlichkeit. Außergewöhnlich hingegen ist schon eher, dass mit dem MoTeC Interpreter eine Software zur Auswertung von Telemetrie-Daten mitgeliefert wird, die eigentlich im echten Rennsport zum Einsatz kommt.

Aller Anfang ist schwer? Nicht in GTR!

Spieletest: GTR - "Get Real"Spieletest: GTR - "Get Real"  Zoom Für viele Rennspiele-Einsteiger oder Motorsport-Laien mag dieser technische und fahrerische Tiefgang auf den ersten Blick abschreckend wirken, doch wie bereits angedeutet macht GTR Anfänger vorbildlich mit der Materie vertraut. So ermöglich der Arcade-Modus reine Spaßrennen ohne großen Anspruch, während der Semi-Pro-Modus einen etwas "entschärften" Simulationscharakter hat. Früher oder später führt aber eigentlich kein Weg daran vorbei, sich mit den Supersportwagen im Simulationsmodus auf legendäre Rennstrecken wie Spa, Monza oder Donington zu begeben und sich der recht intelligent und realistisch agierenden KI zu stellen. Und dies ist noch nicht das Ende der Fahnenstange, denn SimBin hat sich auch die Mühe gemacht, einen im Vergleich zu den früheren ISI-Games verbesserten Online-Modus mitzuliefern, der aufgrund von ein paar Mängeln zwar nicht als neue Multiplayer-Referenz im Rennspiele-Genre, aber immerhin als durchaus brauchbar und interessant bezeichnet werden kann.

Fazit:
GTR dürfte für alle Fans von realistischen Rennspielen ein gefundenes Fressen sein. Die Sportwagen-Simulation überzeugt auf ganzer Linie und setzt in den Bereichen Fahrgefühl und Detailreichtum neue Maßstäbe. Da GTR zudem unerwartet einsteigerfreundlich gestaltet wurde, kann SimBins kommerzielles Erstlingswerk auch aus dem Blickwinkel allgemeiner Computerspiele-Fans getrost zum aktuellen Genrekönig gekrönt werden. Das schwedisch-englische Entwicklerteam zeigt mit GTR auf, dass eine extrem realistische Rennsimulation eine breitere Zielgruppe ansprechen kann als in jüngster Vergangenheit angenommen - was sich übrigens auch bereits in den Verkaufscharts bestätigt - und ebnet der Rennsim-Welt damit vielleicht den Weg in eine verheißungsvolle Zukunft. Get Real!


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