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Spieletest: SHIFT 2 UNLEASHED - Härter! Lauter! Echter?

12.04.2011

Der Kampf um die Spitze im Simracing-Segment geht in die nächste Runde. Nach Sony mit Gran Turismo 5 ist nun EA am Zug und schickt SHIFT Teil 2 ins Rennen. Wir haben den Probanden in unserem unerbittlichen Testparcours auf Herz und Nieren geprüft.

Spieletest: SHIFT 2 UNLEASHED - Härter! Lauter! Echter?Spieletest: SHIFT 2 UNLEASHED - Härter! Lauter! Echter?  Zoom Der Markt für realistische Rennspiele ist dieser Tage so hart umkämpft wie selten zuvor. Während Spielserien, wie Gran Turismo und Forza Motorsport seit Jahren zu den absoluten Bestsellern gehören, mischt seit Mitte 2009 auch EA im Subgenre mit. Damals haben sich die Amerikaner dazu durchgerungen ihr lange Zeit kriselndes, einstiges Vorzeige-Franchise Need For Speed thematisch zu splitten, um so gezielter unterschiedliche Kundenschichten bedienen zu können. Deshalb erhielt seinerzeit das Entwicklerteam der Slightly Mad Studios den Auftrag ein realistisches Rennspiel im NFS-Universum zu programmieren.

NFS, ist tot es lebe NFS

Unter dem Namen Need for Speed SHIFT gelang es EA dank der Kompetenz von Slightly Mad erstmals seit Jahren einen ernsthaften Verfolger zu Sonys und Microsofts Rennspielen zu platzieren. Nun geht dieser Dreikampf in die nächste Runde, die Sony bereits zum vergangenen Weihnachtsgeschäft mit der lang erwarteten und vielfach hinausgezögerten Veröffentlichung von Polyphony Digitals Gran Turismo 5 eingeläutet hat. Als Nächstes ist also EA an der Reihe und spätestens zur E3 im Juni darf man auf die offizielle Präsentation von Microsofts Pendant Forza Motorsport 4 hoffen.

SHIFT 2 UNLEASHED bedeutet so viel wie entfesselt und soll wohl die Ernsthaftigkeit, mit der die Slightly Mad Studios das Unterfangen Rennsimulation angehen, unterstreichen. Vielleicht wurde auch deswegen nachträglich die NFS-Kennzeichnung aus der offiziellen Titelbezeichnung gestrichen, gleichwohl ein entsprechender Schriftzug weiterhin an der Unterkante des Box-Arts prangt. Aber NFS-Logo hin oder her, SHIFT 2 ist ohne Umschweife ein direktes Sequel im besten Sinne. Slightly Mad Studios hatten rund eineinhalb Jahre Zeit Fehler auszubessern und weitere Kräfte der Hardware freizusetzen - entsprechend gespannt sind wir natürlich auf das Ergebnis. GT5 hat die Messlatte aufgelegt, nun ist es an SHIFT 2 UNLEASHED diese zu übertreffen.

Racer-Herz was willst du mehr?

Spieletest: SHIFT 2 UNLEASHED - Härter! Lauter! Echter?Spieletest: SHIFT 2 UNLEASHED - Härter! Lauter! Echter?  Zoom Inhaltlich hat SHIFT 2 dafür schon einmal eigentlich alles was man braucht. Wie nicht anders zu erwarten war, liegen auch in SHIFT 2 die EA-typischen Produktionsmaßstäbe in Sachen Lizenzen und Vermarktung an. Zwar kann der Titel keine 1.000 Autos vorweisen, aber satte 119 Sportwagen aus den Hallen von 37 verschiedenen Herstellern bescheren ebenfalls eine stattliche Auswahl. Außerdem dürfen sich dafür auch alle Wagen mit einer Cockpit-Ansicht schmücken. Bei den Herstellern trifft man auf die üblichen Verdächtigen: Die deutsche Premium-Riege um Audi, BMW und Mercedes-Benz ist ebenso vertreten wie die klassischen Sportwagenbauer Porsche, Lotus oder Aston Martin und natürlich dürfen auch die allzeit begehrten Exoten von Pagani, Königsegg und Lamborghini nicht fehlen. Einzig und allein Ferrari glänzt durch Abwesenheit.

Neben den heißesten aktuellen Modellen gibt es aber auch eine kleine aber feine Riege klassischer Sportwagenidole, wie zum Beispiel dem ersten Golf GTI oder dem BMW M3 Baureihe E30. Wer noch mehr Abwechslung sucht findet diese in der mehr als reichhaltig bestückten Tuninggarage. Vielfältiges Motortuning, Gewichtsreduzierungen und neue Reifen wirken sich auf das Fahrverhalten aus wie ein Aerodynamikpaket und die Feineinstellung im Setup. Upgrades haben außerdem Auswirkungen auf den Leistungsindex und entscheiden somit in welchen Rennen man antreten darf. Nur gut für die Optik sind hingegen Lackierungen und Aufkleber, die ihr ebenfalls frei nach Vorliebe wählen dürft.

Quantität kontra Qualität?

Doch irgendwann hat auch der kühnste Schrauber einmal genug vom dunklen Werkstatt-Ambiente und möchte raus in die echte Welt, auf echte Straßen und davon hat SHIFT 2 UNLEASHED erfreulich viele zu bieten. Spa, Monza und der Nürburgring samt Nordschleife sind nur die prominentesten der realen Kurse. Dazu gesellt sich ein ganzes Arsenal an weiteren Rennstrecken mit internationalem Ruf, wie zum Beispiel Bathurst, Laguna Seca, Road America oder Donnington, um nur einige zu nennen. Komplettiert wird der gelungene Mix zudem noch von einigen fiktiven Kursen. Insgesamt stehen so 36 Locations zur Auswahl, wobei jede davon auch noch mehrere Streckenlayouts beinhaltet. Asphalt gibt es hier in Hülle und Fülle, was also will man mehr?

Spieletest: SHIFT 2 UNLEASHED - Härter! Lauter! Echter?Spieletest: SHIFT 2 UNLEASHED - Härter! Lauter! Echter?  Zoom Nun ja, hier und da hätte es schon etwas mehr Detailgenauigkeit sein dürfen. Wir wissen zwar nicht mit welcher Methode die realen Kurse für das Spiel digitalisiert wurden, jedoch offenbaren nicht wenige echte Schwachstellen, vor allem was Höhenunterschiede beziehungsweise Gefälle und Bodenwellen angeht. Auf der Nordschleife etwa geht es im Bereich Schwedenkreuz schon lange vor der Anfahrt auf die Aremberg-Kurve deutlich bergab, obwohl es eigentlich noch in die entgegensetzte Richtung gehen müsste. Ein anderes, sehr krasses Beispiel ist die lang gezogene Bergauf-Rechtskurve direkt nach der ersten Schikane auf dem Circuit de Catalunya nahe Barcelona. In SHIFT 2 verläuft der Kurs hier praktisch topfeben bis zur engen Repsol-Kurve. Das gibt schon einmal die ersten Punktabzüge auf dem Realismus-Zettel.

Mentor und Autolog

Frei von derartigen Mankos ist dagegen die Präsentation des Spiels. Hat man erst einmal für die auf der PS3 verpflichtende Installation inne gehalten, wird man alsbald von einem sympathischen jungen Herrn begrüßt der Vaughn Gittin Jr. heißt, seines Zeichens Meister der realen Formula D Drift-Meisterschaft ist und uns in Form von Videoschnipseln routiniert durchs Programm führt. Die Hauptattraktion für Solisten liegt, wie so oft, im Karriere-Modus der über 13 Stufen bis hin zur FIA GT1 Weltmeisterschaft führt. Auf dem Weg dahin erwarten uns neben zahlreichen normalen Rennen auch diverse Zeitherausforderungen und Drift-Events.

Spieletest: SHIFT 2 UNLEASHED - Härter! Lauter! Echter?Spieletest: SHIFT 2 UNLEASHED - Härter! Lauter! Echter?  Zoom Für Abwechslung ist also gesorgt und wer davon noch mehr haben möchte, kann diese im Mehrspieler-Bereich finden. Splitscreen-Modus gibt es zwar keinen, dafür trumpft der Online-Modus aber mit umso mehr Funktionen auf. Bis zu zwölf Spieler können über die DSL-Leitung gegeneinander antreten. Wahlweise lässt man sich mit Hilfe der automatischen Auswahl ein passendes Spiel suchen oder erstellt eine Session ganz nach seinen eigenen Wünschen. Natürlich darf das aus NFS Hot Pursuit bekannte Autolog, welches sich dieses Mal hinter der Select-Taste versteckt und damit immer nur einen Klick weit entfernt ist, ebenfalls nicht fehlen.

Hier werden, wie in gängigen sozialen Netzwerken, Freunde gesammelt, Kommentare ausgetauscht oder im Foto-Modus des Spiels geschossene Bilder veröffentlicht. Außerdem zeigt SHIFT 2 im Ladescreen die aktuellen Bestzeiten zur jeweiligen Strecke aus eurem Freundeskreis an. Noch mehr Web 2.0 beschert der direkte YouTube-Upload, welcher ins Replaymenü eingefügt wurde und es euch erlaubt spektakuläre Szenen aus dem Spiel direkt auf die YouTube-Server zu laden. Das ist ziemlich cool, auch wenn man bedenkt, dass die Clips in der Länge auf gerade einmal 10 Sekunden begrenzt und im Netz dann lediglich in 360p-Qualität abrufbar sind.

Effektfeuerwerk

Spieletest: SHIFT 2 UNLEASHED - Härter! Lauter! Echter?Spieletest: SHIFT 2 UNLEASHED - Härter! Lauter! Echter?  Zoom Umfang und Abwechslung stimmen also schon einmal, aber wie sieht es mit der Technik aus, schließlich ist Need for Speed SHIFT gar nicht so lange her? Nun, die Entwickler haben definitiv Fortschritte gemacht und das für gute Rennspiele vielleicht wichtigste vorneweg: Die Framerate bleibt sehr stabil und weil sich dazu auch noch die traditionell starke Geschwindigkeitsdarstellung gesellt, stimmen die Basics schon einmal positiv. Zudem packt Slightly Mad Studios noch einen ganzen Sack voller Spezialeffekte obendrauf. Realistische Reflektionen auf dem Lack, animierte Bäume und Zuschauer, schicke Schatten und Partikeleffekte beim Ritt durch die Flora sind dabei nur die leichtesten Übungen.

Ein faszinierendes Spiel aus scharf- und weichzeichnenden Filtern suggeriert einen Adrenalinpegel der permanent an der Grenze zur Ohnmacht zu kratzen scheint und bei Kollisionen aller Art verfärbt sich das Bild in eine dramatisch leblose Schwarz-Weiß-Malerei. Der absolute Effekt-Overkill sind aber die Nachtschatten, welche die Lichter der Wagen in den ebenfalls neuen Nacht-Rennen an Umgebung und Rennwagen werfen.

Wie gut ist gut genug?

Spieletest: SHIFT 2 UNLEASHED - Härter! Lauter! Echter?Spieletest: SHIFT 2 UNLEASHED - Härter! Lauter! Echter?  Zoom Aber Effekte allein sind nicht alles, schon gar nicht auf dem eher konservativen Sim-Markt und so lässt sich fast zu jedem der oben gelobten Effekte auch ein negativer Nebeneffekt finden. Zum Beispiel beim Sepia-Filter der selbst beim minimalsten Touchieren der Leitplanke direkt auf Weltuntergangstimmung macht oder etwa bei den beeindruckenden Nachtschatten, denen es aber ohne Zweifel an Kantenglättung fehlt. Ohnehin scheint die Effektschlacht ihren Tribut in der Bildqualität zu fordern. Da SHIFT 2 sowieso schon nur auf der kleinen HD-Auflösung läuft und dann auch noch Anti-Aliasing und Texturfilterung sich ihre Auszeiten nehmen, sieht man häufig hässliche Treppen und unscharfe Texturen oder Schattenwürfe irgendwo im Bild.

Und so können dann auch die ganzen noch so tollen Effekte nicht darüber hinwegtäuschen, dass SHIFT 2 UNLEASHED grafisch zumindest mit Gran Turismo 5 nicht auf Augenhöhe liegt. Wer gezielt hinsieht entdeckt beispielsweise schnell, dass das Polygonmaximum der Wagen hier, trotz gutem Cockpit und tollem Schadensmodell, deutlich geringer ausfällt. Auch die Beleuchtung ist den Japanern besser gelungen, was insbesondere bei den Nachtrennen für eine viel natürlichere Ausleuchtung sorgt. Im direkten Vergleich mit dem derzeitigen Hauptkonkurrent GT5 gibt sich SHIFT 2 zwar deutlich extrovertierter, ist aber deswegen nicht zwangsläufig attraktiver.

Bang Boom Bang

Keine Einbußen muss man dagegen bei der Abteilung Sound befürchten. Martialisches Trommeln und Trompeten aus Motorraum und Auspuff sorgen zusammen mit heftigen Crashgeräuschen und einem stilecht rockigen Soundtrack für beste Unterhaltung der Ohren. Das beginnt schon im Menü, wo uns der Synchronsprecher von Vaughn Griffin Jr. professionell und cool mit Details zum Spiel versorgt und die fetzige Hintergrundmusik von 30 Seconds to Mars, Jimmy Eat World oder Rise Against schon einmal den Herzschlag vorwärmt.

Spieletest: SHIFT 2 UNLEASHED - Härter! Lauter! Echter?Spieletest: SHIFT 2 UNLEASHED - Härter! Lauter! Echter?  Zoom Im Cockpit dann angekommen prasseln die Soundeffekte nur so auf einen ein. Vom kernigen, sonoren Trommeln eines großvolumigen V-Motors bis hin zum heiseren Trompeten aus den Endrohren beherrscht die Klangkulisse sämtliche Oktaven. Die Soundkulisse ist ein todsicheres Ding. In Sachen Soundtrack müssen allerdings zwei kleine Einschränkungen bedacht werden, denn so toll die zehn Lieder auch sind, man darf ihnen nur im Menü und nicht im Rennen lauschen und auch eigene MP3s von der Festplatte bleiben außen vor.

Bang Boom Bang - Teil 2

Ebenfalls einen durchweg positiven Eindruck hinterlässt das Schadensmodell, welches nicht nur erstaunlich tiefgängig sondern auch ebenso lebensnah in Aktion tritt. SHIFT 2 geht wahrlich nicht zimperlich mit den teuren Blech- und Carbonteilen um. Kollisionen mit Leitplanke und Gegnern hinterlassen dicke Dellen in der Außenhaut. Stoßstangen und weitere Bauteile reißen mit der Zeit ab und auch die Scheiben werden nach wenigen Einschlägen von ungesunden Rissen geziert. Dramaturgisch wird das Ganze, wie bereits erwähnt, äußerst wirkungsvoll durch einen Farbfilter und entsprechend lautstark unterstützt.

Spieletest: SHIFT 2 UNLEASHED - Härter! Lauter! Echter?Spieletest: SHIFT 2 UNLEASHED - Härter! Lauter! Echter?  Zoom Hübsch anzusehen fürs Auge ist die Materialschlacht also allemal, aber erfreulicherweise hinterlassen Unfälle auch unterm Blech ihre Spuren. Allzu kräftiger Körpereinsatz kann mit Defekten in der Lenkung oder aber auch schon einmal mit Reifenplatzern bestraft werden, wobei es sinnigerweise bei normal harten Rennunfällen meist bei ein wenig verbogenem Metall bleibt. Aufpassen sollte hingegen, wer deutlich zu schnell ins Kiesbett schießt und versucht dort ruckartig zu lenken. Denn hier bekommt man ganz schnell Schlagseite und Überschläge ziehen in der Regel so große Beschädigungen, wie etwa abgerissene Radaufhängungen, nach sich, dass keine Weiterfahrt mehr möglich ist. Wem das zu heftig ist, der kann das Schadensmodell aber auch nur auf die Optik beschränken.

Zwischen Genie und Wahnsinn

Nun geizt SHIFT 2, wie ihr bis hier schon gelesen habt, grundsätzlich nicht mit Reizen sondern ist eigentlich permanent darum bemüht euren Adrenalinspiegel zum Sieden zu bringen. Auf die eine oder die andere Weise trägt auch die künstliche Intelligenz der Gegner dazu bei und zeigt damit nur einen sehr begrenzten Intelligenzzuwachs in Relation zum Vorgänger. Wie schon im ersten SHIFT, geht die KI bei Leibe nicht zimperlich zu Werke und rempelt nicht selten fröhlich vor sich hin, was dann die schwachen Augenblicke der Gegnerintelligenz darstellt.

Spieletest: SHIFT 2 UNLEASHED - Härter! Lauter! Echter? Es gibt aber auch lichte Momente in denen die Gegner zwar recht grobmotorisch aber immerhin sauber auf das Geschehen auf der Strecke reagieren, indem sie einem die nötige Luft zum Überleben lassen, wenn man nebeneinander in Kurven einbiegt und fair beim Anbremsen zurückziehen. Schade nur, dass unterm Strich die erstgenannten negativen Charakterzüge in der KI-DNA zu überwiegen scheinen und so nicht wenige Rennen frustriert zum x-ten Male neugestartet werden müssen. Außerdem sei erwähnt, dass die KI eine ziemlich gute Pace an den Tag legt, die schon auf mittlerem Schwierigkeitsgrad eine harte Nuss darstellen kann.

Überdosis

Neben der künstlichen Intelligenz gibt es noch mindestens zwei weitere Parameter die darüber entscheiden ob ein Rennspiel sich als waschechte, taugliche Sim qualifiziert oder nicht. Diese beiden Parameter sind die Fahrphysik, die im Hintergrund alle Berechnungen des Fahrzustandes ausführt, und die Steuerung, welche diese Berechnungen erst spürbar und kontrollierbar macht. Mindestens einer dieser beiden Parameter ist bei SHIFT 2 ein echter Problemfall und dabei habe ich ehrlich gesagt weniger das Physik-Gerüst im Verdacht, als vielmehr die Steuerung, die schon im ersten SHIFT einige Zicken machte.

Spieletest: SHIFT 2 UNLEASHED - Härter! Lauter! Echter? Physikalisch gibt es jedenfalls, wie sich das für eine ordentliche Sim gehört, eine ganze Reihe von Regulatoren um das Fahrverhalten dem eigenen Können anzupassen. Traktionskontrolle und ABS gehören ebenso dazu wie zusätzliche Brems- oder Lenkhilfen und eine Physik-Vorkonfiguration die sich in vier Stufen bis hin zur höchsten Elite scharfschalten lässt. Entscheidet man sich für diese höchste Stufe kommt definitiv sehr viel Bewegung und Unruhe in die Fahrzeuge hinein, die es gilt durch gezielte Manöver auszugleichen. Aus dem Stand heraus tritt zum Beispiel deutliches Torque Steer zu Tage und auch die Verlagerung des Schwerpunktes, etwa beim Bremsen, wirkt durchaus natürlich.

Nichtsdestotrotz ist das Gripniveau zumindest auf höchster Physik-Stufe frappierend niedrig. Außerdem schaukeln sich die Wagen relativ schnell auf und sind dann mit normalen Reflexen eigentlich kaum noch einzufangen. Genau diese Tendenzen haben schon dem Vorgänger in der Community den humoristischen Vergleich zum Fahrgefühl eines Schlauchboots eingebracht und das kann man so unverändert auch für SHIFT 2 übernehmen.

Spongebob Schwammkopf an Bord

Das ganz dicke Ende kommt aber erst noch, denn wie schon sein Vorgänger kommt leider auch SHIFT 2 UNLEASHED mit einer so lieblos abgestimmten Steuerung in der Grundauslegung daher, dass man schon staunen darf. Wieder einmal reagiert die Lenkung hypersensibel auf sämtliche Eingaben und büßt damit leider den gesamten Präzisionsvorteil des Analogen Prinzips ein. Man schliddert von Grasnarbe zu Grasnarbe, von Unter- zu Übersteuern, von einem Extrem ins andere und das viel öfter als es einem lieb sein kann.

Das liegt auch daran, dass es unglaublich schwierig ist das Feedback, welches das Spiel gibt, richtig zu deuten. Randsteine zum Beispiel schlagen mit sehr deutlichen Vibrationseffekten durch, durchdrehende Räder kann man dagegen ausschließlich akustisch wahrnehmen. Außerdem wackelt das virtuell dargestellte Lenkrad in der Innenansicht selbst in eigentlich ruhiger Mittellage unnatürlich stark. Das sieht dann in etwa so aus wie in ganz alten Streifen aus den frühen Tagen Hollywoods, wo Verfolgungsjagden noch vor einer Leinwand abgedreht wurden, und führt zu einer Informationsdiskrepanz zwischen dem was das Auge optisch und der Finger am Stick taktil wahrnehmen.

Die Tatsache, dass Slightly Mad das periphere Sichtfeld mit unzähligen Filtereffekten belagert ist da natürlich genauso wenig hilfreich wie die neue, ach so revolutionäre Helmkamera. Die besteht im Grunde nur aus ein paar extra Polygonen welche die Helmform im Gesichtsbereich nachformen und entsprechend verstärkten G-Effekten für die Kamera - eine Funktion die GTR 2 schon vor fünf Jahren kannte. Das ist zwar durchaus realistisch, macht aber das ohnehin schon unnötig diffizile Bemessen der Eingaben nochmals schwieriger.

Da hilft auch kein Jammern

Spieletest: SHIFT 2 UNLEASHED - Härter! Lauter! Echter? Und darum kommt man auch nicht wirklich herum, wenn man sich als erfahrener Nutzer die Mühe macht, die sich Slightly Mad offensichtlich gespart hat, nämlich die einzelnen Parameter der Steuerung selbst zu justieren. Auch mit angepassten Werten für Deadzone, Lenkempfindlichkeit und Abweichung bei Geschwindigkeit bleibt das schwammige Fahrverhalten und das schmale Gripniveau ein Problem. Um diese ganzen Abweichungen mit einzukalkulieren kann man sich auf einige Übungsstunden mit dem Controller einstellen.

Aber auch wer ein hochwertiges Lenkrad sein Eigen nennt ist nicht automatisch fein raus, wie wir exemplarisch mit unseren Fanatec Turbo S Wheel feststellen mussten. Selbst mit all den Lenkparametern, die man bei Fanatec zusätzlich direkt am Lenkrad selbst noch einmal anpassen kann, ist es verdammt schwierig eine präzise Linie zu halten. An dieser Stelle trat außerdem noch starkes Lag ein, sodass man die Zeit von der Bewegung des Turbo S-Wheel bis zur entsprechenden Bewegung des jeweiligen Lenkrades auf dem Bildschirm fast mit der Stoppuhr hätte messen können. Vielleicht haben da diejenigen unter euch die ein Logitech G27 besitzen mehr Glück, zu diesem Lenkrad findet sich im Optionsmenü immerhin eine Vorkonfiguration. Damit genug zum Thema Handling und ab zur Endabrechnung.

Fazit:

EA hat eine Menge Staub aufgewirbelt, seit Need for Speed SHIFT vor knapp zwei Jahren debütierte. SHIFT 2 UNLEASHED steht dem in Vehemenz und Reizdichte in nichts nach, denn wie sein Vorgänger bietet auch der zweite Teil sehr gute Anlagen. Der Umfang stimmt: Jede Menge Wagen und Strecken bieten mehr als genug Spielraum für Auto- und Tuningfans und die umfangreiche Onlineunterstützung samt Autolog sorgt erfolgreich dafür, dass auch danach noch lange nicht Schluss sein muss. Grafisch hat Slightly Mad Studios versucht noch einen draufzusetzen, doch der betont spektakuläre Look dürfte wohl nicht jedem unmittelbar zusagen. Wer aber grundsätzlich immun gegen Reizüberflutungen ist, bekommt dafür ein wahrhaft pompös spektakuläres Rennspiel und kann sich an dessen Effektflut und Geschwindigkeitsrausch sattsehen, auch wenn der Sprung an dieser Stelle nicht allzu groß ausfällt.

Der wahre Gradmesser für diese Machart von Spielen muss aber das Fahrgefühl sein und da offenbart SHIFT 2 fast die gleichen Schwachstellen wie sein Vorgänger. Im Review zu Need for Speed SHIFT habe ich noch geschrieben, dass der Titel wegen der schwammigen Steuerung zwar wankt aber nicht fällt. SHIFT 2 UNLEASHED fällt. Die scheinbar potente Fahrphysik lässt sich dank diverser Steuerungsmängel einfach nicht vernünftig "erfahren". Wenn dann auch noch die wankelmütige aber sehr schnelle KI zuschlägt, kratzt so manches Rennen an der Unspielbarkeit. Zusammenfassend bleibt festzuhalten, dass SHIFT 2 UNLEASHED sicherlich in vielen Teilen gereift ist. Unter dem Aspekt der Fahrsimulation zieht es gegen die starke Konkurrenz aber den Kürzeren. Eine Demoversion, um vorab zu testen ob einem das Fahrgefühl persönlich zusagt, gibt es leider nicht. So bleibt nur das Mut zum Risikokauf und Warten auf Verbesserungen die vielleicht in Form eines Patches nachgereicht werden.


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