Spieletest: Formula One Championship Edition – Perfektes Formel-1-Feeling?

Auch die Formel-1-Fans sollen zum PlayStation 3-Start auf ihre Kosten kommen. Zu diesem Zweck schicken Sony und Studio Liverpool die Championship Edition ins Rennen. Ob die wirklich so meisterlich ist, klärt unser Testbericht.

Spieletest: Formula One Championship Edition – Perfektes Formel-1-Feeling?Seit einigen Jahren ist Sony nun schon im Besitz der offiziellen F1-Lizenz und damit eines Monopols für derartige Spiele. Das Erfreuliche daran ist, dass sich Sonys hausinterne Formel-1-Reihe, welche früher gegen die vielfältige Konkurrenz ziemlich blass aussah, seitdem eben diese Konkurrenz verschwunden ist, von Jahr zu Jahr verbessert hat.

Zuletzt konnten die Titel sogar mit echten Referenzqualitäten glänzen. Keine leichte Ausgangssituation also, für die kommenden Versionen. Das gilt erst recht für die Next-Gen-Premiere auf der PlayStation 3, für welche die Ansprüche in punkto Technik ohnehin naturgemäß sehr hoch sind.

Wir verraten euch, ob auch die Formula One Championship Edition so überzeugen kann, wie seine Vorgänger und wie groß der Sprung in die nächste Konsolen-Generation ausfällt.

Alte Liebe rostet nicht

Zu Beginn ist erst einmal wenig von Fortschritt zu bemerken. Solange man sich in den Menüs aufhält, ist es fast unmöglich F1 CE von seinem Quasi-Vorgänger F1 06 für die PS2 auseinander zu halten. Das liegt daran, dass die Entwickler weder an der bewährten Menüstruktur noch an deren Aufmachung Änderungen vorgenommen haben. Noch viel entscheidender ist jedoch, dass die Menüs auch exakt den gleichen Inhalt verpacken, nämlich die Teams, Wagen und Schauplätze der letztjährigen 2006er-Saison.

Wer auf die frischen Teambesetzungen und Wagendesigns der gerade erst begonnenen Saison 2007 gehofft hat, wird also leider enttäuscht, wobei es dafür auch durchaus einen plausiblen und verständlichen Grund gibt. Der ist ganz einfach, dass die technischen Daten zu einem so frühen Zeitpunkt der Meisterschaft noch nicht für die Entwickler einsichtig sind, weswegen die F1-Titel in aller Regel in der Vergangenheit auch immer zum Spätsommer erschienen sind. So unbefriedigend dieser Sachverhalt nun auch für den einen oder anderen Spieler sein mag, kommt man so doch immerhin in den Genuss den Kampf um die WM zwischen Renault und Ferrari und Fernando Alonso und Michael Schumacher aufleben zu lassen.

Entwicklungshilfe

Spieletest: Formula One Championship Edition – Perfektes Formel-1-Feeling? Auch bei der Auswahl der Spielmodi hat sich so gut wie nichts getan. F1 CE bietet nach wie vor die komplette Formel-1-Bandbreite an. Egal ob ihr nur ein schnelles Rennen zwischendurch fahren, den Kampf gegen die Uhr aufnehmen, um die Meisterschaft kämpfen oder eine ganz eigene F1-Karriere starten wollt, mit F1 CE könnt ihr all das tun. Dabei habt ihr jederzeit die Möglichkeit eine große Auswahl von Rennoptionen und Fahrhilfen zu aktivieren und so die Schwierigkeit des Spiels ganz auf euren Geschmack abzustimmen.

Und weil Regen und andere Unwegsamkeiten ein spezielles Setup benötigen, kann man in F1 CE auch allerhand an den Boliden herumschrauben. Vor den umfangreichen Setup-Funktionen brauchen auch Neueinsteiger nicht zurückschrecken, denn dank der hilfreichen "Rennwagenentwicklung" ist alles, was ihr machen müsst, fahren und anschließend eurem Renningenieur ein Feedback geben. Dieser geht so alle wichtigen Einstellungen nacheinander mit euch durch, sodass ihr nicht nur die freien Trainingssession sinnvoll nutzt, sondern auch noch ein optimales Setup bereitgestellt bekommt.

Feintuning ist der Schlüssel zum Erfolg

Spieletest: Formula One Championship Edition – Perfektes Formel-1-Feeling? So wichtig wie solche Feineinstellungen für das Setup eines Rennwagens sind, so entscheidend können Detailverbesserungen auch für Videospiele sein. Voilá! Hier ist der beste Beweis dafür, nämlich F1 CE. Da sich bereits die Vorgänger als sehr ausgewogene Spiele präsentierten, tut Studio Liverpool gut daran nicht alles über den Haufen zu werfen. In der Tat fühlt sich die Championship Edition zu Beginn genauso an wie F1 06, und kann daher von einer genialen Einsteigerfreundlichkeit und Spielbarkeit profitieren ohne dass dabei der Realismus zu kurz kommt.

Im Gegenteil, gerade an der Realismusschraube haben die Entwickler sehr gefühlvoll gedreht. Der erfahrene F1-Zocker wird das vor allem daran merken, dass man sich einfach öfter dreht. Viele Situationen, die in F1 06 noch nicht einmal Zucken im Gasfuß erfordert hätten, führen in Championship Edition zu überraschenden Drehern. Das liegt daran, dass das Gripniveau der Strecken deutlich geringer geworden ist. Abseits der Ideallinie, sowie auf den Randsteinen und natürlich neben der Strecke, kann es stellenweise spiegelglatt sein. Zudem sorgen stärker ausgeprägte Bodenwellen für zusätzliche Unruhe im Fahrverhalten. Auch den Blick auf die Reifen, deren Druck neuerdings in Prozent angezeigt wird, sollte man nicht vergessen.

Kuhhandel

Spieletest: Formula One Championship Edition – Perfektes Formel-1-Feeling? So gelingt F1 CE das Kunststück tatsächlich ein authentischeres Fahrverhalten zu bieten, obwohl ja bekanntermaßen die Force Feedback-Effekte auf der Strecke geblieben sind. Dieser Verlust ist sogar besonders ärgerlich, da F1 CE als Ausgleich dafür noch nicht einmal die Bewegungssensoren des Sixaxis-Controllers benutzt. Immerhin profitiert die Steuerung des Spiels aber von den größeren Wegen der Analogsticks und bietet daher größere Lenkwinkel, was ebenfalls dem Realismus zu Gute kommt.

Das gilt auch für das überarbeitete Schadensmodell, das nun deutlich sensibler agiert, ohne jedoch überempfindlich zu sein. Auch hier beweisen die Entwickler ein feines Händchen für das Gleichgewicht der Spielinhalte. Bei den meisten Kollisionen im Zweikampf mit anderen Wagen kommt man noch relativ glimpflich davon. Trifft man hingegen auf ein starres Hindernis, wie zum Beispiel Leitplanken, zerlegt es den Wagen rasch in seine Einzelteile.

Diese Gewichtung erscheint besonders sinnvoll, da die künstliche Intelligenz eine der Baustellen zu sein scheint, die man nicht bearbeitet hat. Nach wie vor ist das Überholen oder Fahren im Konvoi, wie russisches Roulette zu spielen. Das bringt zwar eine enorme Adrenalinausschüttung mit sich, doch die ist natürlich eher unfreiwilliger Natur. Es ist eine dauerhafte Herausforderung, darauf zu achten, dass einem niemand ins Heck fährt, beziehungsweise, dass man selbst keinen Auffahrunfall produziert.

Schön und schnell

Spieletest: Formula One Championship Edition – Perfektes Formel-1-Feeling? Kommen wir nun zu der Frage, die wahrscheinlich den meisten Formel-1-Fans und PlayStation 3-Besitzern unter den Nägeln brennt. Wie sieht das Spiel aus? Und damit sind wir definitiv bei einem Highlight angekommen, denn die neue Grafik von F1 CE ist äußerst detailliert, gleichermaßen schön wie schnell und lässt kaum Wünsche offen. Während das Spiel auf der PS2 noch sehr unscheinbar und blass aussah, setzen nun in Echtzeit berechnete Schatten, intensive Spiegelungen, Hitzeflimmern und atemberaubende Verwischeffekte Akzente. Hinzu kommt eine hohe Bildqualität und geradezu verschwenderische Polygonmengen. Alle Wagen sind echte Hingucker und auch die Strecken haben stark an Attraktivität gewonnen.

Überragt wird diese Pracht nur noch durch die Darstellung bei Regenrennen. Dann spiegeln die Straßen das gesamte Geschehen und die Gischtfontänen, welche die Wagen hinter sich her ziehen, sind so fantastisch gelungen, dass das Fahren darin zur echten Herausforderung wird und einen wahren Adrenalinrausch beschert. Das Einzige, was das tadellose Gesamtbild minimal trübt, ist die begrenzte HD-Auflösung von "nur" 720P.

Mittendrin statt nur dabei

Spieletest: Formula One Championship Edition – Perfektes Formel-1-Feeling? Um das perfekte Formel-1-Feeling abzurunden, lässt sich Studio Liverpool nicht lange bitten und brennt auch beim Sound ein wahres Feuerwerk ab. Vor allem die Motorengeräusche sind schlichtweg der helle Wahnsinn. Sounds in dieser Reinheit, Güte und Qualität gibt es noch nicht einmal bei den TV-Übertragungen der echten Formel 1 zu hören. Die Sounds sind unglaublich detailliert und vielschichtig, sodass das grelle Kreischen eines bei 19.000 U/min drehenden Motors Mark und Bein erschüttert.

Erschüttert ist man auch ein ums andere Mal über die Aussagen der beiden Kommentatoren. Natürlich ist es ein Pluspunkt, dass wieder einmal die beiden F1-Stimmen von RTL, Christian Danner und Heiko Wasser, diesen Job übernehmen, doch auch an dieser Stelle scheint es außer neuen Sprüchen, die aber oft genug mindestens genauso lächerlich klingen wie die alten, keinen echten Fortschritt gegeben zu haben. Das gilt nicht zuletzt auch für die Technik dahinter, denn ein Grund dafür, warum die Kommentare häufig aufgesetzt wirken, ist der, dass sie einfach wenig flexibel sind, nie das direkte Renngeschehen aufgreifen, sondern lediglich die aktuellen Positionen runterleiern, die dann häufig schon nicht mehr aktuell sind.

Der verlorene Sohn

Es ist ein Auf und Ab mit diesem Online-Modus von F1 CE. Bereits in der 2005er-Variante gab ein Online-Modus sein Debüt, damals noch auf der guten alten PS2 und mit einer Beschränkung auf maximal 10 Spieler. Für das Folgejahr hatte Sony ganz große Pläne und wollte sogar aktuelle Wetterdaten, sowie die Rennverläufe der realen Rennen zum Download anbieten. Das Vorhaben scheiterte. Das Ende vom Lied war, dass F1 06 schließlich gänzlich ohne jegliche Online-Unterstützung auskommen musste. Doch gelobt sei die PS3, denn nun ist endlich Schluss mit der Enthaltsamkeit.

F1 CE bietet vollkommenen Online- und LAN-Support für das komplette Starterfeld, also für 22 Spieler. Die vielfältigen Einstellungsmöglichkeiten des Onlinespiels sind jedoch in eher unkomfortablen Menüs verteilt, die typische Funktionen, wie Chat und Freundesliste, beinhalten.

Fazit:

Wie immer gilt: Abgerechnet wird zum Schluss. Im Fall F1 Championship Edition gibt es viele gute Gründe, die für das Spiel sprechen. Am offensichtlichsten ist da natürlich die aalglatte Optik, die sich keinerlei Schwächen erlaubt und dadurch unweigerlich, direkt ins Auge springt. Fast noch besser hat der Sound gefallen, der es zumindest, was die Motorengeräusche angeht, richtig in sich hat. Gepaart mit vielen Einstellungsmöglichkeiten und der exzellenten Spielbarkeit, die gekonnt Realismus und Einsteigerfreundlichkeit miteinander verbindet, ergibt sich jede Menge Spielspaßpotenzial.

Als Kritiker kann man natürlich jetzt dagegen halten, dass Studio Liverpool, abgesehen von der Technik, fast nichts am Spiel verändert hat und damit hätte man auch Recht. Doch getreu dem Motto "Never change a working system" gibt es auch keine Notwendigkeit zu großen Umbrüchen. So konzentrieren sich die Entwickler auf Verbesserungen im Detail des Fahrverhaltens und der Steuerung und diese tragen Früchte. Was dann noch bleibt sind fast Nebensächlichkeiten. Die Menüführung des Online-Modus ist nicht optimal, während Rennwochenenden kann man nicht speichern, die KI hat, genauso wie die Kommentatoren, ihre üblichen Aussetzer.

Alles Kritikpunkte die ein Next-Gen-Spiel eigentlich nicht haben sollte, aber die dennoch recht leicht zu verschmerzen sind. Sodass als einzige Frage bleibt, ob man für ein Spiel mit alten Saisondaten noch einmal 60 Euro berappen möchte. Die Frage muss natürlich jeder für sich selbst entscheiden, doch eines ist zumindest sicher: F1 CE ist eine gelungene PS3-Premiere für die Reihe und vermittelt mindestens soviel Fahrspaß, wie seine Vorgänger.



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