Im Jahr 2003 zückte Sony das Scheckbuch und überzeugte die FIA davon, eine Exklusiv-Lizenz für die Versoftung der Formel 1 zu erhalten. Seitdem ist die von Studio Liverpool entwickelte Spielserie die einzige Möglichkeit auf dem heimischen Bildschirm Formel 1 zu fahren.
Und jährlich grüßt das Update
PC- und Xbox-Spieler sind damit zu kompletten Außenseitern degradiert worden, während PS2-Besitzer hingegen Jahr für Jahr in den Genuss aller aktuellen Teams, Fahrer und Strecken kommen. Für die Version 2005 bedeutet das: 10 Teams inklusive dem neuen Red Bull Racing Team, 20 Fahrer inklusive der Rookies Christian Albers, Patrick Friesacher, Tiago Monteiro und Narain Karthikeyan und 19 Strecken inklusive des brandneuen Türkei-Grand-Prix in Istanbul.
Erfreulicherweise wurden auch die aktuellen Boliden ziemlich originalgetreu umgesetzt, sodass der McLaren Mercedes beispielsweise auch im Spiel über die Stierhörner an der Airbox verfügt. Außerdem kleben auf ihnen auch die meisten der Sponsorenaufkleber, mit Ausnahme der Tabakfirmen. Damit aber nicht genug. Zusätzlich bietet Formel Eins 05 auch noch eine Auswahl an klassischen Grand Prix-Fahrzeugen und einige Testkurse.
Spielmodi: Auswahl noch und nöcher
Eine ähnlich voluminöse Auswahl wie bei den Strecken und Fahrzeugen findet der Spieler auch bei den Spielmodi. Für Schnellstarter gibt es den Einzelrennmodus bei dem man mit nur zwei Klicks zum Rennstart gelangt. Wer sich etwas mehr Zeit nimmt, findet im Einzelspielermenü die Möglichkeiten eine Testfahrt ohne Gegner zu absolvieren, ein Rennwochenende oder ein ganze WM-Saison zu simulieren oder eine eigene Karriere zu starten. Besonders nett bei letzterem Modus ist die Eye Toy Cameo-Unterstützung. Die sorgt nämlich dafür, dass ihr eurem Fahrer per Eye Toy-Kamera euer eigenes Gesicht verpassen könnt. Extrem coole Sache, allerdings auch nicht ganz einfach in der Handhabung.
Reglement-Roulette
Dank der bereits eingangs erwähnten Spontanität der FIA in Sachen Regeländerungen entspricht der Ablauf eines Rennwochenendes in Formel Eins 05 leider schon nicht mehr ganz dem aktuellen Stand. Im Spiel müsst ihr in der Qualitikation noch zwei schnelle Runden - eine am Samstag, die andere am Sonntag - fahren, um eure Startposition zu ermitteln. Aber auch mit den Regeln auf der Strecke nimmt es das Spiel nicht so bitterernst. Zwar werden euch schön animierte blaue Flaggen gezeigt, wenn ihr überrundet werdet, aber es gibt weder Stop-and-Go- noch Drive-Through-Strafen und ebenso auch keine Disqualifikation. Das fehlende Safty Car wird dagegen allmählich schon zum freilich nicht besonders witzigen Running Gag.
Eigenartig realistisch
Etwas ernsthafter als mit dem Reglement nimmt es Formel Eins 05 da schon mit dem Fahrverhalten. Jeder der 10 Boliden hat eine einzigartige Leistungscharakteristik. Fährt man beispielsweise einen Red Bull, kommt einem das schon ziemlich schnell und gut vor, wählt man dagegen einen Williams mit BMW-Motor oder einen BAR mit Honda-Triebwerk, ist dieser gleich 10 km/h schneller auf der Geraden. Im Gegensatz dazu liegen die Minardi und Jordan spürbar unruhiger, gehen nicht so sanft über die Randsteine wie ein Ferrari und zucken bei abgeschalteter Traktionskontrolle gerne mit dem Heck. Wo wir gerade beim Thema Traktionskontrolle sind. Ein sehr praktisches und zugleich authentisches Feature von Formel Eins 05 ist die so genannte Livedynamik. Diese ermöglicht es während des Rennens die Parameter der Traktionskontrolle und der Bremskraftverteilung manuell anzupassen. 
Das macht vor allem bei variierendem Wetter oder nach Boxenstopps Sinn, wenn das Fahrzeug plötzlich deutlich schwerer und der Grenzbereich damit schmaler ist. Und auch die Boxenstopps können improvisiert werden. Wenn eure vor dem Rennen ausgetüftelte Strategie wegen eines Crashes oder weil ihr im Verkehr fest hängt nicht aufgehen sollte, könnt ihr per Select-Taste an der Box anfragen ob ihr reinkommen könnt. Die Boxenstopps selber sind neuerdings interaktiv. Will heißen, wenn ihr reinkommt müsst ihr bestimmte Tasten so schnell wie möglich drücken damit bestimmte Aktionen, also das Auftanken und der Lollipop, ablaufen. Das wirkt allerdings eher wie ein Minispiel und daher nicht wirklich realistisch. Bremsen müsst ihr hingegen nicht selbstständig und zu schnell Fahren in der Box geht erst gar nicht.
Von Setup und Rad ab
Je nach Tankinhalt, also Gewicht, muss natürlich auch ein anderes Setup her. Wer Grand Prix 4 kennt, dem werden die Möglichkeiten in Formel Eins 05 zwar spartanisch vorkommen, doch im Prinzip dürfte den meisten Spielern die gebotenen Einstellungsoptionen genügen. Flügel, Getriebeübersetzung, Bodenfreiheit, Federn, Dämpfer, Stabis und natürlich Reifen wollen richtig eingestellt werden. Zudem kann man noch die Stufen der Livedynamik selbst festlegen. Ganz ähnlich verhält es sich mit dem Schadensmodell. Nichts Revolutionäres, aber alles Wichtige drin. Abfallende Flügel sind genauso möglich wie zerplatze Reifen und Motorschäden. Letztere können sich auch langsam ankündigen. In diesen Fällen warnt euch das Team zunächst über Funk doch mit etwas niedrigerer Drehzahl zu fahren. Generell halten die Wagen aber relativ viel aus, was auch durchaus gut so ist, denn das vermindert die Frustmomente ungemein.
Saubere Arbeit
Grafisch sieht das aktuelle Spiel zur Königsklasse des Motorsports seinem Vorgänger sehr ähnlich. Die Autos und Strecken sind schön detailliert, besonders die Bäume sehen stellenweise fantastisch aus. Dazu kommt ein ganzer Teamtransporter voller Effekte. Bei Ausflügen ins Grüne ziehen die Wagen einerseits sehr schöne Furchen hinter sich her, zum anderen bleibt das Gras noch einige Sekunden an den Reifen haften. Auf den Tribünen zünden die Zuschauer derweil Bengalische Feuer und schwenken eifrig mit Fahnen. Im Cockpit selbst verschwimmt dank neuen Weichzeichner-Effekts allerdings die Sicht zusehends desto schneller man wird. Außerdem wir das Bild noch unschärfer wenn man die optische Darstellung der Fahrzeugvibrationen aktiviert.
Zudem ist die ganze Grafik sehr sauber. Es gibt nur geringes Kantenflimmern, ruckeln tut es so gut wie nie und nur sehr selten gibt es kleine Streamingfehler, das heißt, Objekte in weiter Entfernung streamen etwas ungleichmäßig ins Bild. Echte Pop-Ups gibt es hingegen nie. Fortschritte haben die Entwickler bei den Spiegelungen gemacht, diese sehen nun echter aus, wenngleich sie noch nicht gänzlich perfekt sind. Noch ein Wort zur KI. Die verhält sich in den meisten Fällen recht klug und ist immer sichtbar bemüht Kollisionen zu vermeiden. Aber die Gegner machen auch Fehler und versuchen euch zu überholen. An dieser Stelle also wenig Grund zur Kritik.
Ganz laut anhören!
Zumindest einmal sollte man den Sound ganz laut stellen um eine Ahnung davon zu erhalten welch einen Lärm Formel-1-Autos von sich geben, denn die Motorensounds in Formel Eins 05 sind wirklich sehr authentisch und gelungen. Es ist kein Unterschied zwischen den Sounds im Spiel und einer TV-Übertragung auszumachen. Übrigens kommentiert wird das Spiel von den RTL Formel-1-Kommentatoren Heiko Wasser und Christian Danner. Und das gar nicht mal schlecht. Natürlich sind die Sätze der beiden nicht sonderlich kompliziert aber im Vergleich zu anderen Videospielen besitzt Gormel Eins 05 einen der besten Kommentare den ich je gehört habe. Genauso gut gelungen wie der Kommentar ist die Synchronisation des Renningenieurs, welcher euch allerhand Informationen über das Rennen mitteilt. Verschenkt hat man etwas Potenzial dann aber doch bei den Zuschauern, denn akustisch sind diese quasi nicht vorhanden.
Um die ganze Welt
Standesgemäß verfügt F105 auch über einen Online-Mehrspielermodus. Dieser bietet dabei mehr als nur reine Rennen und beschert euch gleichzeitig ein Lobby-System, um mit anderen Spielern per USB-Tastatur oder über Headset zu kommunizieren, eine Freundesliste in der man seine Leiblingsgegner speichern kann, und eine Rangliste. Außerdem ist Formel Eins 05 wohl das einzige Spiel für die PS2 das satte 20 Spieler online ermöglicht. Wer keinen Onlineanschluss besitzt, kann sich immerhin im Splitscreen-Modus mit einem Gegner seiner Wahl duellieren. Wahlweise, darf hier auch das restliche Starterfeld mit KI-Fahrern aufgefüllt werden.
Fazit
Mit Formel Eins 05 ist Studio Liverpool die bisher mit Abstand beste Umsetzung der Königsklasse als Videospiel gelungen. Im Vergleich zum Vorgänger wurde in fast allen Bereichen zugelegt und außerdem ist das Spiel ohnehin die einzige Möglichkeit den neuen Istanbul-Grand-Prix zu fahren. Dass das Spiel mittlerweile sehr ausgereift ist, zeigt sich besonders offensichtlich an der nahezu fehlerfreien Optik. Was den fahrerischen Anspruch betrifft, so ist Formel Eins 05 mit Sicherheit keine Hardcore-Simulation, denn dafür gibt es zu wenig Setup-Möglichkeiten, das Schadensmodell ist zu simpel gestrickt und auch das Fahrverhalten ist, zumindest mit Traktionskontrolle, etwas zu einfach. Dennoch ist das Spiel auf seine ganz eigene Art ziemlich realistisch.
Dieser Realismus kommt bei Formel Eins 05 eben nicht so sehr von der Physik her sondern eher von der Herangehensweise an das Thema, zum Beispiel der Integration von Features wie der Kurvenblickkamera, der Unschärfeeffekt und die Fahrzeugvibrationen. Zusammen mit der gefühlvollen Steuerung und der Livedynamik wirkt das Spiel einfach sehr echt. Bleibt also fest zu halten, dass Formel Eins 05 zwar keine Vollblut-Simulation, aber doch eine durchaus realistische und auf jeden Fall die derzeit aktuellste und beste Möglichkeit ist die Formel 1 ganz ohne die Probleme der realen Serie zuhause zu genießen.
+ 11.07.2005 DS
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