Hintergrund: Project CARS - Vom Gamer zum Investor?

Project CARS von Slightly Mad Studios steht bereits hoch im Kurs bei Rennspielfans und hat mit seinem neuen Geschäftsmodell auch schon für reichlich Diskussionsstoff gesorgt. Grund genug für uns das Konzept noch einmal genauer zu beleuchten.

Hintergrund: Project CARS - Vom Gamer zum Investor?Hintergrund: Project CARS - Vom Gamer zum Investor?  ZoomNachdem viele von euch zum aktuellen Slightly Mad Studios-Titel Project CARS die ungewohnte Art und Weise, wie die Macher damit Geld verdienen wollen, kontrovers diskutiert haben, wollen wir das gesamte Projekt noch einmal ausführlich durchleuchten, um im Anschluss mit euch zu diskutieren ob diese neue Art Videospiele zu produzieren erfolgreich sein kann und im konkreten Fall sein wird.

Vorwort

Im ersten Abschnitt dieses Artikels geht es uns vor allem darum einen einheitlichen Wissensstand als gemeinsame Diskussionsgrundlage zu schaffen, auch weil Slightly Mad Studios die Details ausschließlich in englischer Sprache bereitstellt. Wer sich aber schon intensiv mit Project CARS beschäftigt hat oder vielleicht schon selbst aktiv dabei ist, sollte sich nicht grämen, wenn hier viel Altbekanntes wiederholt wird. Außerdem versuchen wir dabei natürlich möglichst für die gesamte Breite unserer Community nachvollziehbar vorzugehen, sodass wir auch einige Grundlagen genauer aufschlüsseln werden, die sich für die Wirtschaftswissenschaftler unter euch von selbst verstehen.

Wer und was steckt hinter CARS?

Die Entwickler von Project CARS sind alte Bekannte im Racing-Bereich: Angefangen haben die Herren um Ian Bell als Teil des SimBin Development Team, bevor sie 2005 ein eigenes Studio namens Blimey! Games aufmachten. Infolge der Pleite des damaligen Publishing Partners 10Tacle AG wurde aus Blimey! Games dann Slightly Mad Studios unter Leitung von Ian Bell. Zuletzt entwickelte man für EA die beiden erfolgreichen Spiele der NFS-Reihem Need for Speed SHIFT und SHIFT 2 UNLEASHED.

Warum EA bei dem in London ansässigen Rennspielspezialisten keinen dritten Teil geordert hat, oder ob dies gar von Slightly Mad Studios ausgeschlagen wurde, bleibt nach wie vor ein Geheimnis, jedoch blieb das Team in London so erst einmal ohne Folgeprojekt. Auch um das zweite Projekt im Hause, bekannt unter dem Arbeitstitel Ferrari Project war es lange Zeit sehr still, bis vor kurzem endlich mit BigBen Interactive ein Vertriebspartner gefunden werden konnte, der das Spiel als Test Drive Ferrari Racing Legends auf den Markt bringen wird.

Projekt CARS hingegen entwickeln die Macher jetzt mehr oder weniger auf eigene Rechnung und setzen dabei auf ein relatives Novum für die Gamesbranche, nämlich der so genannten Schwarmfinanzierung oder neudeutsch Crowdfunding. Der Beisatz "mehr oder weniger" deutet schon an, dass die Sache kompliziert werden könnte und weil sie das auch wird, werden wir jetzt ein gutes Stück ausholen.

Wetten dass...

Das Prinzip des Crowdfunding ist im Grunde ein sehr simples, allerdings bedarf es zum voll umfassenden Verständnis ein klein wenig Vorwissen: Grundsätzlich ist es praktisch in allen Branchen gang und gäbe, dass Investitionen, also das Hineinstecken von Geld in Projekte oder Produkte, erfolgt um einen Gewinn zu erzielen. Das kann verschiedene Gründe haben von denen die meisten an dieser Stelle nicht weiter von Bedeutung sind. Ein ganz entscheidender Grund ist aber, dass es wirtschaftlich günstiger ist auch Geld von außerhalb für ein Projekt zu verwenden, selbst dann, wenn der eigene Geldspeicher eigentlich ausreichend gut gefüllt ist.

Was Geldgeber, wie zum Beispiel klassischerweise Banken machen, wenn sie Geld verleihen, ist eine Art Wette abzuschließen - eine Wette darauf, dass das Unternehmen mit seinem Projekt oder Produkt erfolgreich am Markt sein und so viel davon verkaufen wird, dass die Bank als Geldgeber den geliehenen Betrag mitsamt Zinsen zurückerhält. Nun wetten Banken aber im Allgemeinen deutlich seltener, als es durch den Schatten der jüngsten Finanzquerelen vielleicht den Eindruck erweckt hat, und verlassen sich dabei nicht nur auf das Wort der jeweiligen Kreditnehmer, sondern verlangen in der Regel gute Sicherheiten um das Risiko eines Ausfalls sehr klein zu halten. Um bei diesem Bild zu bleiben sagen wir mal, Banken schließen nur sehr sichere Wetten ab.

Der Status Quo

Mit Sicherheiten wird es aber schwierig, wenn man sich im künstlerisch kreativen Bereich tummelt, wie es auch Videospiel-Entwickler tun. Ihre wertvollsten Güter sind, von ein paar Hightech-Rechnern und ähnlichem Equipment einmal abgesehen, die Ideen und Fähigkeiten ihrer Mitarbeiter und die lassen sich nicht wirklich beleihen. Wenn also von Banken kein Geld für die Entwicklung kommt, woher dann? Traditionell sind es die Publisher, die Spiele vorfinanzieren. Platt formuliert, schreiben EA, Ubisoft und Co. einen großen Scheck mit vielen Nullen aus mit dem der jeweilige Entwickler dann für die Dauer der Entwicklung, typischerweise zwei Jahre, seine Rechnungen und Gehälter bezahlen kann bis das fertige Spiel endlich auf den Markt kommt. Der Publisher versucht dann das vorgestreckte Geld wieder hereinzuholen.

Diese Art Deal brachte allerdings für viele Entwickler in der Vergangenheit eine Reihe von Nachteilen mit sich. In aller Regel ist die Verhandlungsposition eines einzelnen Studios gegenüber einem großen Publishers eher schlecht. Dass Studios Projekte einstellen, Mitarbeiter entlassen oder ganz ihre Tore schließen mussten, weil sie keinen Verleger für ihre Werke gefunden haben, ist keine Seltenheit. Die Studios sind also zu einem großen Teil abhängig von ihrem Publishing-Partner.

Obwohl die Studios höchste Verantwortung für die Qualität des Produktes tragen, müssen sie sich die Einnahmen mit dem Publisher teilen, der den gesamten Werbeapparat stellt und nicht zuletzt auch das Verlustrisiko für sein eigesetztes Kapital trägt. Noch härter trifft viele Studios aber der Umstand, dass häufig die Figuren, Geschichten und Marken, die in den Entwicklungsteams erfunden werden, mit dem Spiel rechtliches Eigentum des Publishers werden. Dieser kann die Rechte dann für seine Zwecke weiter vermarkten, etwa indem er die Filmrechte zum Spiel verkauft, ohne dass die Entwickler davon etwas haben.

Was ist Crowdfunding und tut das weh?

Dieses Problem lässt sich relativ deckungsgleich auf viele andere kreativ künstlerisch tätige Branchen übertragen, weswegen Crowdfunding-Ansätze auch vornehmlich im Film-, Kunst- und Musikbereich anzutreffen sind. Ein hierzulande bekanntes Beispiel ist etwa die Finanzierung des Kinofilms zur ProSieben-Serie Stromberg, der mit rund einer Million Euro von Fans mitfinanziert wird. Im Prinzip ist der entscheidende Unterschied beim Crowdfunding also der, dass an die Stelle des einen großen Schecks vom Publisher oder einer Bank, viele kleine Schecks einzelner Geldgeber treten.

Das funktioniert natürlich besonders gut und einfach übers Internet und was liegt deshalb näher, als Games, deren Kundschaft ohnehin zur Internet-affineren Gesellschaftsschicht gehören dürften, durch einen Schwarm von Fans zu finanzieren. Das hat man sich anscheinend auch bei Slightly Mad in London gedacht und leistet nun mit Project CARS und der World of Mass Developers Pionierarbeit auf diesem Gebiet, auch wenn man sein Projekt bewusst nicht als Investment verstanden wissen will. Das behalten wir mal als Fußnote im Hinterkopf.

Basisdemokratie

Zunächst einmal müssen wir aber noch ein paar Begrifflichkeiten sortieren, zum Beispiel die gerade erwähnte WMD. Wie gesehen steht das für World of Mass Developers und ist im Prinzip nichts anderes als die Webseite mitsamt Forum, die Slightly Mad Studios erstellt hat, um mit der Community kommunizieren zu können. Als zahlender Kunde kann man hier den letzten Stand der gemachten Arbeiten nachlesen, über Bugs oder Änderungen diskutieren und nicht zuletzt über wichtige Eigenschaften des zukünftigen Spiels abstimmen.

Um alle Einzelheiten der Preisliste zu beschreiben, bedürfte es wohl eines eigenen Artikels, weswegen wir hier nur die wichtigsten Eckdaten umreißen. Den Einstieg in die World of Mass Developers gibt es schon für 10 Euro als Junior Member, was einen unter anderen dazu befähigt an Diskussionen teilzunehmen und die monatlich aktualisierten Vorabversionen zu spielen. Außerdem bekommt man seinen Mitgliedsbeitrag als Rabatt angerechnet, wenn man sich denn dazu entschließen sollte das finale Spiel zu kaufen. Für 25 Euro kommt dann zusätzlich euer Name als Gegner ins Spiel und ihr erhaltet nicht näher geklärten Zugriff auf exklusive Wagen. Ab der Stufe Full Member für 50 Euro erhaltet ihr das fertige Spiel dann kostenlos. Darüber gibt es noch Preisstufen für 100, 1.000 und sage und schreibe 25.000 Euro, die sich aber mitunter eher an geschäftliche Kunden richten dürften. Das komplette Preis- und Leistungsverzeichnis findet sich hier.

Der feine Unterschied

Ihr wisst jetzt, was der Spaß kostet, aber wisst ihr auch was ihr dafür bekommt? Um die Frage beantworten zu können müssen wir sehr genau hinschauen und zunächst einmal WMD als Entwicklerplattform und Project CARS als Spiel getrennt voneinander betrachten, auch wenn beide offensichtlich eng miteinander verwoben sind. Ganz grundsätzlich bekommt man für sein Geld, seien es nun 10, 100 oder 1.000 Euro, einen Posten in und Zugriff auf die Funktionen der WMD. Bis hier wäre das Ganze eigentlich eine simple Dienstleistung - nicht mehr und nicht weniger. Erst der Inhalt der WMD-Plattform ist dann das Spiel Project CARS und ab hier kann es dann ganz schön unübersichtlich werden.

Deswegen versuchen wir es so einfach wie möglich zu machen: Ich bezahle also einen Beitrag und werde, wenn man so will, freiwilliger Entwickler in der World of Mass Developers. Dadurch kann ich jetzt im WMD-Forum mitreden, mittesten und eine Stimme abgeben um mitzuentscheiden. Das ist aber noch nicht alles, denn gleichzeitig benutzt Slightly Mad Studios meinen Mitgliedsbeitrag auch dafür die Entwicklungskosten des Spiels zu decken. Spätestens an dieser Stelle habe ich den Status eines einfachen Kunden, der für einen Online-Dienst bezahlt verlassen und werde zu einer Art Investor, auch wenn es Slightly Mad nicht gerne hört. Bis heute sind so knapp 400.000 Euro aus der Community in die Kriegskasse geflossen.

Das Kleingedruckte

Den Löwenanteil der Finanzierung hat Slightly Mad Studios bis jetzt selbst eingesammelt, aktuell fast 1,5 Millionen Euro. Nichtsdestotrotz versprechen die Macher in den AGB 70 Prozent der Einnahmen, die durch das fertige Spiel irgendwann einmal generiert werden, an die WMD-Teilnehmer auszuschütten. So rechnet Slightly Mad vor, dass schon ein Junior Member für seine 10 Euro Einsatz bei gerade einmal 250.000 verkauften Einheiten 11,25 Euro herausbekommen würde, was der stolzen Verzinsung von 12,5 Prozent entspräche.

Höhere Positionen könnten sogar noch mehr verdienen - entsprechend ihres Engagements, denn eine Bedingung für die Auszahlung gibt es: Wir erinnern uns, reine Finanzjongleure will Slightly Mad Studios mit seinem Vorhaben nicht anlocken, echte Gamer mit Bindung zum Projekt sollen es sein und die sollen sich aktiv einbringen. Dafür ist aber laut AGB schon das bloße Spielen der Builds und Übermitteln der automatischen Nutzungsstatistiken ausreichend.

No Risk, No Fun?

Bis Slightly Mad Studios und die WMD-Community mit Project CARS tatsächlich Geld verdienen können liegen aber noch ein paar Fragezeichen auf dem Weg die ausgeräumt werden müssen. Damit man mit dem Spiel jemals Geld einnehmen kann muss es natürlich erst einmal fertig werden. Aktuell befindet sich Project CARS noch in einer sehr frühen Entwicklungsphase und dementsprechend behält sich Slightly Mad Studios auch die alleinige Entscheidungsgewalt darüber vor, wann die Veröffentlichung erfolgt. Neben dem reinen Arbeitsfortschritt könnte aber noch ein weiteres Element ausschlaggebend für die Veröffentlichung sein und das sind die finanziellen Mittel. 3.750.000 Euro hat Slightly Mad Studios insgesamt für die Entwicklung veranschlagt, aufgetrieben hat man davon bis jetzt nur etwa die Hälfte, wie der Zähler auf der WMD-Homepage beweist. Es muss also die Frage erlaubt sein, was geschieht mit dem Projekt, wenn die Macher den Zielbetrag nicht erreichen?

Dass es keine Garantie dafür gibt, dass Project CARS ein Verkaufsschlager wird, dürfte jedem klar sein. Schließlich hängt das nicht nur von der Qualität des Spiels selbst, sondern zum Beispiel auch davon ab, was die Konkurrenz im Genre macht. Bringt Microsoft ein neues Forza, Sony eine neues Gran Turismo oder erscheint vielleicht der lang erwartete GRID-Nachfolger von Codemasters zur selben Zeit? Davon abgesehen stellt sich die Frage, ob denn so eine große Community überhaupt dafür taugt, ein Spiel zu entwickeln. Führen vielleicht nicht zu viele verschiedene Meinungen im Endeffekt zu schlechten Kompromissen? Und wie viel Einfluss hat man als Einzelner eigentlich, gleichwohl das natürlich ein Problem ist mit dem jede Demokratie zu kämpfen hat.

Rein finanziell ist das Risiko sicherlich überschaubar, weil ja jeder selbst entscheiden kann mit wie viel Geld er oder sie einsteigen möchte und selbst wenn Slightly Mad Studios als Limited Gesellschaft, ähnlich der deutschen GmbH, Pleite gehen sollte ist das eigene Verlustrisiko begrenzt.

Investment oder nicht?

Man kann die WMD und Project CARS nun also als Investment oder auch einfach als Gebühr zum Zocken eines unfertigen Produktes sehen. Die Sichtweise, die Slightly Mad Studio wahrscheinlich am liebsten wäre, ist wohl die WMD als aktive Entwickler-Community zu verstehen, die es dem Rennspiel-Enthusiasten nicht nur ermöglicht ein Spiel lange vor dessen Veröffentlichung anzutesten, sondern seine persönlichen Erfahrungen und Meinungen mit einzubringen und, wenn alles gut läuft, für diese Mithilfe auch finanziell entlohnt zu werden. Und jetzt seid natürlich ihr gefragt. Wie seht ihr das WMD-Portal und Project CARS? Wollt ihr einfach nur frühzeitig ein vielversprechendes Rennspiel zocken, wollt ihr eure eigenen Vorstellungen ins Spiel einbringen oder reizt euch am hier gewählten Crowdfunding-Ansatz die Aussicht darauf mit einer größeren finanziellen Beteiligung einen Gewinn zu erzielen?



Tags: C.A.R.S., Project CARS, Slightly Mad Studios, Crowdfunding, Hintergrund, Bericht, Reportage, Analyse


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